„Mühltal in der Champions League“
Ernennung – Gemeinde erhält Urkunde und ist jetzt offiziell Fairtrade-Gemeinde – Idee entstand in Schottland

Die Gemeindevertretung stimmte 2012 einer Bewerbung zur „Fairtrade-Gemeinde“ zu. Erik Hornung, in der Gemeindeverwaltung für Wirtschaftsförderung und Sonderprojekte zuständig, nahm das Projekt gern an. „Es war ihm eine Herzensangelegenheit“, lobte Astrid Mannes ihren Mitarbeiter bei der Feier. Eine Steuerungsgruppe aus Vertretern von Politik, Handel, Kirchen und Verbänden bildete sich, die Bewerbung wurde auf den Weg gebracht.
Gegen ungerechte HandelsbedingungenNun konnten die Bürgermeisterin und Volker Busch vom Gemeindevorstand die Urkunde mit dem Titel „Fairtrade-Gemeinde“ entgegennehmen. Manfred Holz, Ehrenbotschafter des Vereins „TransFair“, war dazu angereist und sparte nicht mit Lob für das Engagement der Gemeinde Mühltal, die 237. Fairtrade-Gemeinde Deutschlands.
Sein Verein verleiht den Titel seit 2009, um ein Zeichen für fairen Handel und gegen Ausbeutung zu setzen. „My fair Ladies and Gentlemen“ laute jetzt künftig die Anrede, scherzte er. Die Gemeinde Mühltal spiele jetzt „mit London, Rom und Madrid in der Champions League“. Mit vielen Zahlen lenkte er redegewandt das Augenmerk der rund 70 Gäste im Bürgerzentrum auf die weltweit ungerechten Handelsbedingungen. „Wir müssen anders leben, damit andere überleben“, mahnte Holz. Das Gütesiegel, das für zwei Jahre verliehen wird, soll jedoch kein Beruhigungsmittel sein, sondern Anstoß geben, Vorbildfunktion auch für andere Kommunen zu sein. So hatte sich Mühltal selbst Anleihen in Bickenbach geholt, die erste Fairtrade-Gemeinde im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Neben Mühltal haben sich mit Seeheim-Jugenheim, Ober-Ramstadt und Modautal weitere Landkreis-Kommunen auf den Weg gemacht. Weltweit erfüllen mehr als 1400 Fairtrade-Towns dieselben Kriterien: Parlamentsbeschluss, Einsetzen einer Steuerungsgruppe, Einbeziehung von Handel, Gastronomie und öffentlichen Einrichtungen, Berichterstattung in örtlichen Medien.
Pfarrer Andreas Klein zitierte bei seiner Gratulation eine Bibelstelle aus dem Buch Amos: „Das Recht ströme wie Wasser und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ So sollen auch die Bemühungen in Mühltal um einen gerechten Handel jetzt richtig „in Fluss kommen“. So trug Klein am E-Piano gemeinsam mit dem Gospelchor seiner Kirchengemeinde unter der Leitung von Friederike Graebsch bei der Verleihung zu einem feierlichen Rahmen bei.
Gerade der gesungene Appell, das von Konstantin Wecker vertonte Gedicht des katholischen Theologen Lothar Zenetti „Was keiner wagt, das sollt ihr wagen, was keiner sagt, das sagt heraus, was keiner denkt, das wagt zu denken, was keiner anfängt, das führt aus“, berührte die Gäste sichtlich.
Im Anschluss an die Feier war Gelegenheit, im Foyer fair gehandelte Produkte zu kosten. Die Arbeiterwohlfahrt bot Säfte an, die Gemeindeverwaltung Kaffee, Schokolade und Bananen. Die Landeskirchliche Gemeinschaft präsentierte ihr Angebot. Auch örtliche Händler wie Edeka, Lidl, Modau-Apotheke, Getränke Hnyk oder Blumenwerkstatt stellten faire Produkte aus. Schüler der Steinrehschule hatten für die Verleihung Bilder und Collagen über fairen Handel angefertigt. Die Jugendförderung hatte die Gestaltung von Plakaten und Flyern übernommen.